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Aktuelles

Interview mit Barbara Maass

It’s time - wake up!

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ZWISCHEN DEN DINGEN vom 24.09.- 5.10.2024 

Rückblick: Ausstellung »Zwischen den Dingen« - Ausblick: Forschungs-Kiosk macht weiter

Die Ausstellung »Zwischen den Dingen« thematisierte den Umgang mit Gegenständen, die in der Zeit des Nationalsozialismus enteignet oder aus Fluchtgründen zurückgelassen werden mussten. Wo sind all diese Dinge heute? Welchen Umgang gibt es mit dem Unrechtserbe? Diesen Fragen widmete sich „Zwischen den Dingen“ aus künstlerischen, historischen und wissenschaftlichen Perspektiven. UMZU, Papenstr. 6, Bremen.

Viele Besucher*innen haben sich in den 14 Tagen über »Arisierungs«-Kontexte informiert und eigene Gedanken und Geschichten mit uns geteilt. Der begleitende Aufruf zur Ausstellung Gegenstände auf deren Herkunft zu betrachten und konkrete Hinweise und Spuren offen zulegen, fand großen Anklang. Danke an alle Besucher*innen und den gemeinsamen Austausch. Presseecho klick hier

Gegenstände wie beispielsweise Geschirr, Dekor, Bilder, Gläser, Uhren und Möbel wurden in dem von uns angebotenen Forschungs-Kiosk vorbei gebracht und betrachtet und sollen nun weiter beforscht und entschlüsselt werden. Die Möglichkeit, in Ansätzen die Geschichten der Dinge zu klären und somit eben auch die Erinnerungen und Lebensspuren der vorherigen Besitzer*innen offen zu legen hat viele Menschen bewegt. Deshalb werden wir als Mahnaml-Projekt das Format des öffentlichen Forschungs-Kiosk fortsetzen. An folgenden Terminen bieten wir in den Räumlichkieten der Heinrich Böll-Stiftung Bremen, Carl-Ronning-Straße 9, 28195 Bremen für 2024 weitere Recherche-Hilfe an:

Immer Donnerstags von 16-19h. Am 21.11., 28.11., 5.12.,12.12. und 19.12.2024..

David de Jong, Vanity Fair, 12.09.2024

The Richest Man in Germany Is Worth $44 Billion. The Source of His Family Fortune? The Nazis Know.

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Veronika Duma »Robbery, Restitution, and Remembrance in Germany« - published De Gruyter Oldenbourg online September 6, 2024. Mit Einordnung des Bremer Mahnmals.

Robbery, Restitution, and Remembrance in Germany

Abstract: The essay draws a panorama of the current state of the Holocaust compensation and provenance research in Germany. It discusses the German politic of “Wiedergutmachung”, the recent cases of restitution, the public debate about commemoration and the challenges when it comes to restituting objects robbed 80 years ago. On the one hand, Germany – especially with regards to restitution measures up to the 1960s – is used as a role model in the international discourse on restitution issues. On the other hand, there is also a history of critique accompanying the German “Widergutmachungspolitik”. The essay argues that future research should analytically separate the different levels of the history of compensation: the official German discourse and wording of commemoration politics, the history of actual payments, the research and remembrance done by institutions like universities or memorials, and the initiatives of survivor organizations and civil society. They follow their own agendas and often are contradictory.

Untiefen, das Hamburger Stadtmagazin, über den Jahrestag der Mahnmal-Einweihung

Kein Schlussstrich

https://untiefen.org/schlussstrich-kuehne/

kunststadt_stadtkunst Nr. 71 August 2024

Leerstellen und Geschichtslücken: Das Bremer »Arisierungs«-Mahnmal

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Deutsche Presse Agentur vom 05.08.2024

Der schwierige Umgang mit NS-Raubgut

Noch bis vor einem Jahr war es einfach ein Papierkorb, für Papierschnipsel und entsorgte Notizen. Der Korb aus Rattan und lackiertem Holz fügte sich gut in das Zimmer des Bremer Finanzsenators. Von seiner Vergangenheit ahnte lange Zeit niemand was. Dann stellte sich heraus: Den Abfalleimer haben sich vermutlich Nationalsozialisten unter den Nagel gerissen. Ganz sicher lässt sich das Jahrzehnte später nicht mehr nachweisen, sagt Gundula Rentrop, die als Museumspädagogin bis zu ihrem Ruhestand die Geschichte des Bremer Finanzressorts aufgearbeitet hat. Aber der Verdacht reicht, dass der Papierkorb aus dem Zimmer des Senators in den Keller des Finanzressorts verbannt wurde.

Den kompletten Artikel von Mirjam Uhrich (dpa) über die Arbeit Gundula Rentrop, Marcus Kenzler und Susanne Kiel gibt es hier.

RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg), 19. Juli 2024

Logistikfirma im NS: Frust über Aufarbeitung von Kühne + Nagel

Die Logistikfirma Kühne + Nagel hat seine NS-Vergangenheit nicht wissenschaftlich aufarbeiten lassen. In Bremen entstand daraufhin Deutschlands erstes »Arisierungs«-Mahnmal. Der Frust der jüdischen Gemeinde ist bis heute groß. Von Jannis Hartmann

Audiobeitrag zu NS-Unternehmen von Jannis Hartmann rbb24 inforadio

sowie ein weiterer Beitrag zu Unternehmen im NS von Jannis Hartmann: »Schwerer Stoff«

Erinnerungspolitische Radtouren

Immer wieder organisieren wir erinnerungspolitische Radtour zu NS-Raub-relevanten Orten in Bremen statt, deren Termine medial und auf dieser Homepage bekannt gegeben werden.

Viele bekannte Bremer Orte sind mit der Beraubung der jüdischen Bevölkerung eng verknüpft, ohne dass dies öffentlich bekannt ist. Dazu gehören das Weserstadion ebenso wie das »Aladin« in Hemelingen. Inhaltlich ausgehend vom neuen Mahnmal am Tiefer, das an die europaweite Beraubung der jüdischen Bevölkerung unter Beteiligung Bremer Firmen, Behörden und Privatpersonen erinnert, führt unsere erinnerungspolitische Radtour zu einigen dieser Orte und thematisiert deren jeweiligen Verbindungen zum NS-Raub.

Nicht alle relevanten Orte lassen sich logistisch mit einer einzigen Radtour verbinden, andere existieren nicht mehr. Dennoch wird deutlich werden, wie viele Orte und gesellschaftliche Gruppen von der Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung profitiert haben, die dem Massenmord vorausging. Die Radtour findet im Rahmen der derzeitigen Ausstellung „das fehlende Segment“ in der Bremer Bürgerschaft statt. Die Radtour dient dabei nicht nur der Informationsvermittlung, sondern soll vor Ort, im Sinne eines kollektiven Brainstormings, auch die Fragen aufwerfen, wie wir, privat und öffentlich, mit dem NS-Unrechtserbe umgehen wollen.

Content Notification: Im Rahmen der Radtour werden Einblicke in nationalsozialistische Strukturen, Dokumente und Zeitungsartikel gegeben sowie Verfolgungs-Biografien von Jüdinnen_Juden thematisiert. CN: #Antisemitismus, #NS-Ideologie,#Menschenverachtung,#Verfolgung


Das Bremer »Arisierungs«-Mahnmal erinnert mich an Doris, Tochter von Ernst und Elisabeth, zwölf Jahre alt, geboren in Guben

Marita Kloppenburg Januar 2024

In ihrem Roman »Heimsuchung« beschreibt Jenny Erpenbeck die Versteigerungen von jüdischen Möbeln und Hausrat.

Als ich das erste Mal davon hörte, dass in Bremen – als bisher erstem und einzigem Ort in Deutschland – ein Denkmal zur »Arisierung« jüdischen Eigentums im Nationalsozialismus eingeweiht werden soll, fiel mir sofort eine Passage in einem Roman ein, den ich ca. 14 Jahre zuvor gelesen hatte. In ihm wird literarisch auf sehr eindrückliche Weise das beschrieben, woran das Bremer Denkmal erinnern möchte.

Ich weiß noch heute, wie tief mich diese Geschichte von Doris, Tochter von Ernst und Elisabeth, zwölf Jahre alt, geboren in Guben, bewegt und zu Tränen gerührt hat.

Daher war auch meine erste Reaktion auf das Denkmal eine sehr positive: Wie gut, dass es hier in Bremen einen Ort gibt, der an die systematische, bis ins Kleinste durchorganisierte und Schritt für Schritt durchgeführte Vernichtung von jüdischem Leben, und hier speziell an den Raub von Möbeln und des gesamten Hausinventars, erinnert!

In ihrem Roman »Heimsuchung« (2008, Eichborn AG, Frankfurt am Main) beschreibt Jenny Erpenbeck ein Haus mit Grundstück an einem märkischen See in Brandenburg und erzählt die Geschichten der wechselnden Bewohner im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts und die Einflüsse der geschichtlichen Ereignisse auf ihr Leben.

Ein Kapitel des Buches trägt die Überschrift »Das Mädchen« und es geht um Doris, Tochter von Ernst und Elisabeth, zwölf Jahre alt, geboren in Guben. Ihre Mutter Elisabeth ist die Schwester von Ludwig, deren Eltern heißen Arthur und Hermine und sind jüdische Tuchfabrikanten. Die Familie besitzt ein Grundstück an besagtem märkischen See mit Badehaus und Steg, wo sie im Sommer und an Wochenenden schöne Tage verleben.

Im Jahr 1936 wandert Doris Onkel Ludwig mit seiner Frau Anna nach Südafrika aus, 1939 wollen auch die Großeltern Deutschland verlassen und verkaufen das Seegrundstück an den benachbarten Architekten, der dafür eine »Entjudungsgewinnabgabe« von 6% an das Finanzamt zahlen muss.

Bevor die Ausreise möglich ist, werden die Großeltern jedoch von der Levetzowstraße in Berlin-Moabit aus abtransportiert und sterben in Kulmhof bei Litzmannstadt in einem Gaswagen, während gleichzeitig ihr gesamter Besitz – auch der Verkaufserlös des Seegrundstücks – an das Deutsche Reich, vertreten durch den Reichsfinanzminister, fällt und der Hausrat versteigert wird.

Ernst, der Vater von Doris, stirbt als Zwangsarbeiter beim Autobahnbau an Fleckfieber und Doris wird mit ihrer Mutter Elisabeth nach Warschau deportiert.

Auch Ernst und Elisabeth hatten sich um eine Ausreise nach Brasilien bemüht und für den Umzug Möbel und Hausrat in einen Container verpackt:

»In Brasilien, hatte der Vater gesagt, wirst Du einen Sonnenhut brauchen. Gibt es in Brasilien auch Seen? Aber ja. Gibt es in Brasilien auch Bäume? Doppelt so große wie hier. Und unser Klavier? Das passt nicht mehr rein, hatte der Vater gesagt und die Tür des Containers, in dem ihr Schreibpult stand, und mehrere Koffer mit Wäsche und Anziehsachen, und ihr Bett mit den Matratzen und all ihre Bücher, zugemacht und verschlossen. Auf dem Hof irgendeiner Gubener Spedition stand sicher immer noch dieser Container …« (Seite 86)

Als Doris und ihre Mutter 1942 im Warschauer Ghetto leben, wird an einem Tag im Juni « … ihr gesamter Gubener Hausrat in der umgekehrten Reihenfolge, in der ihr Vater und ihre Mutter ihn zwei Jahre zuvor für die Ausreise nach Brasilien in die Container gepackt hatten, von Herrn Carl Pflüger und dem ihm beigeordneten Kriminalkommissar Pauschel aus den Containern herausgenommen und für die Versteigerung hergerichtet.« (Seite 88)

»… genau an diesem Tag im Juni, etwa zwei Monate nach ihrer Ankunft in Warschau wurde, ohne dass sie es wußte, in Guben ihr Kinderbett, laufende Nummer 48, für Mk. 20,- an Frau Warnitschek aus der Neustädter Straße 17 versteigert, ihre Kakaokanne, laufende Nummer119, an Herrn Schulz aus der Alten Poststr. 42, nur wenige Häuser neben dem Haus, in dem sie gewohnt hatten, und die Zieharmonika ihres Vaters, laufende Nummer 133, für Mk. 36,- an Herrn Moosmann, Salzmarktstraße 6. Am Abend dieses Tages, an dem sie erst kurz vor der Sperrstunde in ihr Quartier zurückging, an diesem Abend eines der längsten Tage des Jahres 1942, an dem ein leichter, frühsommerlicher Wind die Zeitungen fortwehte, mit denen die Körper der Toten bedeckt waren, und Verwesungsgeruch aufstieg, an diesem hellen Abend, an dem sie, wie sie es sich hier angewöhnt hatte, in Schlangenlinien heimging, um nicht über die Leichen zu stolpern, am Abend dieses Tages, an dem sich wie an allen anderen Abenden das Weinen der elternlosen Kinder in den Hausfluren erhob, an diesem Montagabend, an dem ihre Mutter ihr die für die Armbanduhr eingetauschten Kartoffeln vorsetzte, sehr wahrscheinlich die letzten, die sie in ihrem Leben gegessen haben würde, an diesem Abend schon ruhten all die Bettlaken von Ernst, Elisabeth und Doris, je paarweise für Preise zwischen Mk. 8, Pf. 40 und Mk. 8, Pf. 70 ersteigert, laufende Nummern 177 bis 185, glattgestrichen in den Wäscheschränken der Familien Wittger, Schulz, Müller, Seiler, Langmann und Brühl, Klemker, Fröhlich und Wulf.« (Seiten 88 f.)

Im Verlauf des Buchkapitels wird beschrieben, wie Doris in einer winzig kleinen, stockdunklen Kammer ausharrt, die ihr als Versteck dient und das sie auf Geheiß der Mutter nicht verlassen darf. Sie ist nun mutterseelenallein, das Ghetto wurde geräumt und auch die Mutter wird nicht wiederkommen. Alles um sie herum ist vollkommen still und dunkel und niemand mehr weiß, dass sie da ist. »Farbig ist nur noch das, woran sie sich erinnert, mitten in dieser Dunkelheit.« Und diese Erinnerungen sind vor allem die an das Grundstück am märkischen See, an dem die Familie viele glückliche und unbeschwerte Stunden verbracht hat.
»Während das Mädchen in seiner schwarzen Kammer sitzt und von Zeit zu Zeit versucht, sich aufzurichten, dabei aber mit dem Kopf gegen die Decke des Verstecks stößt, während es die Augen weit aufmacht und dennoch nicht einmal die Wände seiner Kammer sehen kann, während die Dunkelheit so groß ist, dass das Mädchen nicht einmal erkennen kann, wo sie aufhört, erscheinen in seinem Kopf Erinnerungen an Tage, an denen das ganze Blickfeld mit Farben ausgefüllt war bis an die Ränder. Wolken, Himmel und Blätter, Blätter von Eichen, Blätter der Weide, die wie Haare herunterhängen, schwarze Erde zwischen den Zehen, trockene Kiefernnadeln und Gras, Kienzapfen, schuppige Rinde, Wolken, Himmel und Blätter, Sand, Erde, Wasser und Bretter des Stegs, Wolken, Himmel und gleißendes Wasser, in dem die Sonne sich spiegelte, schattiges Wasser unter dem Steg, durch die Ritzen kann sie es sehen, wenn sie sich mit dem Bauch auf die warmen Bretter legt, um nach dem Baden zu trocknen. Nachdem der Onkel schon fort war, hatte der Großvater sie noch zwei Sommer lang zum Segeln mitgenommen. Sicher steht die Jolle des Großvaters noch immer in der Werft des Dorfes. Seit vier Jahren im Winterquartier. Jetzt, ohne zu wissen, ob draußen Tag ist oder Nacht, greift das Mädchen nach der Hand, die der Großvater ausstreckt, steigt vom Steg auf den Bootsrand hinüber, sieht, wie der Großvater den Knoten, mit dem das Boot am Steg festgemacht ist, löst und das Seil ins Boot wirft.« (Seite 81)

Auch Schwimmen hatte Doris dort im See gelernt und die Nachbarin hatte ihr gezeigt, wie man Krebse fängt, eine Weide hatte sie mit dem Großvater und dem Onkel dort gepflanzt.

Schließlich wird das Mädchen in der Kammer der verlassenen Wohnung in der Nowolipiestraße in Warschau entdeckt vom »Werterfassungskommando unter Leitung eines deutschen Soldaten«.

Zum letzten Mal geht sie nun durch die Straßen des Ghettos in Warschau und wird in ein Vernichtungslager deportiert.

»Von den hundertzwanzig Menschen im Waggon ersticken während der zweistündigen Fahrt ungefähr dreißig. Weil sie ein elternloses Kind ist, gilt sie, wie auch einige Alte, die nicht mehr gehen können, und ein paar, die während der Fahrt den Verstand verloren haben, als Hindernis für den reibungslosen Ablauf und wird deshalb gleich nach der Ankunft beiseite getrieben, an einem Kleiderhaufen vorüber, der so hoch ist wie ein Berg … Zwei Minuten lang wölbt sich über ihr ein leicht bewölkter weißlicher Himmel, so wie am See immer kurz vor dem Regen, zwei Minuten lang atmet sie den Geruch nach Kiefern ein, den sie gut kennt, nur die Kiefern selbst kann sie wegen des hohen Zauns nicht sehen. Ist sie tatsächlich nach Hause gekommen? Zwei Minuten lang spürt sie den Sand unter den Schuhen, auch ein paar kleine Feuersteine und Kiesel aus Quarz oder Granit, bevor sie die Schuhe für immer auszieht und sich auf das Brett stellt, um sich erschießen zu lassen.

Nichts Schöneres, als mit offenen Augen zu tauchen. Hinzutauchen bis zu den schimmernden Beinen von Mutter und Vater, die eben schwimmen waren und nun durch das flache Wasser zurück zum Ufer waten. Nichts Schöneres, als sie zu kitzeln und, durchs Wasser gedämpft, zu hören, wie sie kreischen, um ihrem Kind eine Freude zu machen.

Drei Jahre lang hat das Mädchen Klavierspielen gelernt, aber jetzt, während sein toter Körper in die Grube hinunterrutscht, wird das Wort Klavier von den Menschen zurückgenommen, jetzt wird der Rückwärtsüberschlag am Reck, den das Mädchen besser beherrschte als seine Schulkameradinnen, zurückgenommen und auch alle Bewegungen, die ein Schwimmender macht, das Greifen nach Krebsen wird zurückgenommen, ebenso wie die kleine Knotenkunde beim Segeln, all das wird ins Unerfundene zurückgenommen, und schließlich, ganz zuletzt, auch der Name des Mädchens selbst, bei dem niemals mehr jemand es rufen wird: Doris.« (Seite 91 f.)

An diese Geschichte von Doris, Tochter von Ernst und Elisabeth, zwölf Jahre alt, geboren in Guben, denke ich nun dank des Bremer Denkmals zur „Arisierung“ jüdischen Eigentums im Nationalsozialismus häufiger, beim Überqueren der Wilhelm-Kaisen-Brücke, beim Spaziergang auf der Weserpromenade oder auf dem Weg ins Weserstadion.


Marita Kloppenburg

Baumängel, Graffiti und fehlende Infotafeln …

Vielen Menschen, die in den vergangenen Monaten am Mahnmal vorbei gegangen sind, ist vor allem aufgefallen, dass die Fenster beschlagen sind und der Blick ins Innere kaum möglich ist.

Die Ursachen dafür sind/waren Baumängel und ein fehlender Stromanschluss.

Beides soll nun endlich behoben sein. Nichts desto trotz wird es noch dauern, bis die über Monate eingezogene Feuchtigkeit aus dem Bauwerk verdunstet ist, ohne, dass neue Kondensfeuchtigkeit entsteht und sich an Fenstern und Wänden niederschlägt. Auch wir bedauern den Zustand sehr! Außer, unermüdlich bei den Verantwortlichen nachzufragen, haben wir aber leider nichts zu einer Veränderung beitragen können.

Mit Spachtel und Putzzeug haben wir in den letzten Monaten einige Aufkleber und Farbe von den Fenstern und Rahmen geschrubbt. Die Entfernung von großflächigen Farbfeldern auf dem Stein kann aber nur die Stadt leisten (und ist auch ihre Aufgabe). Hier kann sich gerne an die Kulturbehörde Bremen gewandt werden.

Dass es immer noch keinen Tafeltext gibt, liegt daran, dass es (und das ist uns bis heute absolut unbegreiflich) in der Stadt Bremen bisher keine standardisierten Verfahren gab, um einen Text im öffentlichen Raum zu genehmigen. Bereits im März 2023 haben wir genau diese Frage bei den Verantwortlichen aufgeworfen. Wir werden dazu hoffentlich bald ein Update geben können.

Für Fragen zum Stand der oben genannten Dinge bitte die Pressestelle der Bremer Kulturbehörde anfragen. Bei Sichtungen von rechten und antisemitischen Parolen bitten wir ebenfalls über eine kurze Nachricht an info@geraubt.de.

Gesprächsrunde mit den Initiator:innen des Mahnmals zur Enteignung von Jüd:innen in Bremen

Im September 2023 wurde an der Tiefer, unmittelbar neben der Bremer Wilhelm-Kaisenbrücke und dort, wo jetzt die »Grünen Bude« liegt, das Mahnmal zur Erinnerung der Beraubung jüdischen Eigentums während der NS-Zeit eingeweiht. An den unrechtmäßigen Enteignungen teilgenommen und von dieser profitiert haben sowohl Bremer Reichsbehörden, Unternehmen als auch private Bürger:innen.

In Bremen gibt es eine Vielzahl von Orten, die mit der »Arisierung“ im Zusammenhang stehen. Beispielsweise das Finanzamt als Verwaltungsstätte, der Europahafen als Umschlagsplatz für »Auswanderungsgut«, das Aladin (ehemals »Tivoli«), und ebenso die Gaststätte des heutigen wohninvest WESERSTADION für Verkäufe oder Versteigerungen.

Bei der Veranstaltung »Mahnmal-Projekt an der Tiefer - Vortrag zur Enteignung jüdischen Eigentums und die Rolle des Weser-Stadions« am 29. Januar 2024 bietet der SV Werder den Initiator:innen des Mahnmal-Projekts von geraubt.org die Möglichkeit, über ihre Recherchen und den Prozess des Mahnmals zu berichten.

Wann? 29. Januar 2024, 19 Uhr
Wo? Auf der Grünen Bude, Tiefer 1, 28195 Bremen 

Der Verein Werder Bremen ist durch die Nutzung seiner wichtigsten Sportstätte konkret mit diesen Verbrechen verbunden und nimmt sich der daraus resultierenden Verantwortung an. Referieren werden Evin Oettinghausen und Henning Bleyl.

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